Die Strompreislüge

Warum die Erneuerbaren Energien nichts an der Strombörse zu suchen haben

Jedes Jahr schallt es durch alle Medien, wenn die Zahlen zur neuen EEG Umlage bekannt gegeben werden: „Schon wieder teurer. Und das alles wegen der Energiewende!“ Erneuerbare Energien, so heißt es Land auf und Land ab, erhöhen die EEG Umlage dramatisch, und somit auch die Stromrechnung. Der Strom wird teurer, wegen der EEG Umlage und diese steigt, weil die Erneuerbaren zu teuer sind.

Oft genug wiederholt, prägt dieser Trugschluss das gängige Meinungsbild. Viele glauben alles, wenn sie es nur oft genug hören oder lesen. Dumm nur, es stimmt eben einfach nicht! Die EEG Umlage würde selbst dann steigen, wenn keine weiteren Windkraft- oder Solaranlagen gebaut würden. Die Preissteigerung hat, so unglaublich es klingen mag, nichts mit den erneuerbaren Energien zu tun.

Die ursprünglich gute Idee der Umlage wird seit 2010 durch eine neue Berechnungsmethode unterwanert (siehe Grafik), welche unter der damaligen schwarz-gelben Regierung eingeführt wurde. Fairerweise muss man erwähnen, dass dieser Fehler auch unter Mitregierung der SPD nicht wieder korrigiert wurde.

Die Grafik zeigt, dass die Entwicklung der EEG-Umlage in ihrem Verlauf bis 2009 der Entwicklung der tatsächlichen EEG-Kosten entsprach. Sie stieg moderat gemäß des Zubaus an neuen Anlagen. Ab 2010 aber beginnen die Kosten, losgelöst vom Ausbau, exponentiell zu explodieren.

Wie konnte das passieren? Erinnern wir uns kurz, wie die ursprüngliche EEG Umlage – vor 2010 – berechnet wurde. Stark vereinfacht bekam jeder Betreiber z.B. einer Solaranlage als Anreiz zur Investition in Erneuerbare Energie einen festgeschriebenen Betrag für die erzeugte Kilowattstunde. Dieser war etwas höher als der reguläre Strompreis. Die Mehrkosten wurden durch die EEG-Umlage abgedeckt und auf fast alle Stromverbraucher verteilt. Sehr wenige stromintensive Unternehmen waren davon befreit. Mehr Anbieter, also der Ausbau von erneuerbarer Energie, bedeuteten damals eine höhere Umlage. Durch die jährliche Anpassung der Vergütung reduzierten sich aber die Kosten für die Umlage wiederum.

Seit 2010 nun wird die Umlage anders berechnet. Wieder vereinfacht bildet sich die EEG-Umlage nun aus der Einspeisevergütung (Betrag, der dem Erzeuger erneuerbarer Energien durch das EEG zugesichert wird) minus dem Erlös, den der Netzbetreiber für Erneuerbare an der Strombörse erzielt.

EEG Umlage ist Einspeisevergütung minus Erlöse

Der gesamte Strom aus Erneuerbaren muss seit dieser Zeit zu 100 % an der Strombörse gehandelt werden1. Hier werden die Preise auf der Basis der sogenannten Grenzkosten ermittelt. Bei fossiler Energieerzeugung sind dies hauptsächlich die Kosten für Kohle, Gas oder Öl.

Auf Solar- oder Windstrom aber passt diese Berechnung nicht. Sie haben per se so gut wie keine Grenzkosten. Wind und Sonne sind eben frei verfügbar. Dies führte dazu, dass 2010 die Erlöse für Erneuerbare an der Börse schlagartig sanken – quasi auf Ramschniveau. Bei ähnlicher Einspeisevergütung aber deutlich geringeren Erlösen führte dies dann zu einer plötzlichen Erhöhung der EEG Umlage (siehe Sprung in der Grafik).

Hier darf man kurz auch daran erinnern, dass gleichzeitig viele Betriebe von der Umlage befreit wurden. Dadurch wurden noch mehr Kosten von der Industrie auf den Ottonormalverbraucher abgewälzt.

Es war vor sieben Jahren schon absehbar, dass die Einspeisevergütungen trotz Zubau nicht signifikant steigen werden. Es ist wie bei allen Technologien, steigert sich die Effizienz, verringern sich die Produktionskosten. Nach der „alten“ Berechnungsmethode (siehe Grafik, grüne Säulen) wäre somit auch die EEG Umlage nur mäßig erhöht worden.

Doch der Anstieg der Erneuerbaren senkt noch aus einem weiteren Grund den Strompreis an der Börse (und erhöht dadurch wie beschrieben die EEG-Umlage): Der Strom an der Börse wird in einer bestimmten Reihenfolge gehandelt. Zuerst geht der Strom mit den geringsten Grenzkosten weg. Die am teuersten produzierenden konventionellen Kraftwerke werden so durch den Markteintritt eines Kraftwerks mit geringeren Grenzkosten in Zeiten hoher EEG-Strom-Einspeisung aus dem Wettbewerb verdrängt. Der Börsenpreis und damit die Gewinne der Netzbetreiber sinken also (Merit-Order-Effekt), je mehr erneuerbare Energien eingespeist werden.

Und nun wird auch klar, warum sich die EEG Umlage und somit die Stromrechnungen so stark erhöhen. Wenn bei einer Minusrechnung, die Zahl die abgezogen wird(Erlöse an der Börse), immer kleiner wird, und die Zahl, von der abgezogen wird (Vergütung an die Produzenten) in etwa gleich bleibt, erhöht sich das Ergebnis (EEG Umlage) signifikant.

Oder anders gesagt, obwohl der Strom aus Erneuerbaren immer preiswerter wird, steigen die Kosten für den Bürger!

In der Konsequenz sollte Strom aus erneuerbaren Energien also am besten gar nicht an der Börse gehandelt werden, sondern die kostengünstige Produktion an die Verbraucher weiter gegeben werden. Das würde allerdings den Profit der Netzbetreiber senken, und hier haben wir vielleicht auch den Grund für die derzeitige Politik.

Vielleicht denken Sie bei der nächsten Berichterstattung über den Kosten-Tsunami der Energiewende daran, dass wir alle für dumm verkauft werden.

Quellen:

https://www.ise.fraunhofer.de/de/veroeffentlichungen/studien/kurzstudie-historische-entwicklung-eeg-umlage.html

https://www.vattenfall.de/de/info-welt-energie-eeg.htm

P.S.

Mit 6,24 ct/kWh in 2014 hat sich die Umlage seit 2009 nahezu verfünffacht, während sich die Vergütungszahlungen mit voraussichtlich 21,26 Milliarden Euro nur etwas mehr als verdoppelt haben.Ohne die o.g. Effekte läge die EEG -Umlage 2014 bei 4,1 Cent/kWh anstatt 6,24 Cent/kWh.

1Nicht der gesamte Strom des Strommarktes wird übrigens dort gehandelt, sondern nur ein kleiner Teil, ca. 20-25% derzeit. Die Entwicklungen an der Strombörse sind kein Abbild des gesamten Strommarktes. Der EEG-Strom muss jedoch seit 2010 fast vollständig an der Börse vermarktet werden. Ausgenommen ist der Strom, der direkt für den Eigenbedarf erzeugt wird, zum Beispiel durch eine firmeneigene Solaranlage.