Fulda geht baden!

Badestrand_Fulda_

Freibäder im Stadtgebiet sind rar gesät. Außer dem Rosenbad und dem Petersberger Schwimmbad bietet sich erst in weiterer Entfernung eine Möglichkeit, an heißen Sommertagen ins kühle Nass zu springen. Hallenbäder mal ausgenommen. Warum eigentlich, die Fulda liegt doch so nah?

Gegenwärtig erfreuen sich nur Angler und Kanuten als Einzige an der Existenz der Fulda. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass die Fulda als Badeort diente und sich der Stadtstrand in den Fünfziger Jahren zwischen Bardostrasse und Langebrückenstrasse erstreckte. Und dass diese Idee jetzt wieder Freunde gewinnt, ist vor allem der „Jungen Union Fulda“ zu verdanken, die Anfang März in ihrem Themenpapier „Für ein lebendiges Fulda“ vorgeschlagen hat, einen neuen Stadtstrand zu errichten, angegliedert ans Rosenbad. „So könnte auf bestehende Infrastruktur zugegriffen werden und ein sicheres Badevergnügen in der Fulda ermöglicht werden“, schlägt die JU zur Realisierung vor.

Da muss man überraschenderweise nun ausgerechnet der JU mal kräftig auf die Schultern klopfen: Gute Idee!

Doch warum so kurz gegriffen? Warum nicht Plätze und Möglichkeiten schaffen, die eintrittsfrei und außerhalb der Öffnungszeiten zugänglich sind? Andere Städte gehen an dieser Stelle entspannter mit ihrem Fluss um, binden ihn deutlich mehr ins Stadtleben ein, so lassen sich nicht nur in Marburg oder München Grillplätze, Bänke, teilweise sogar Badestellen an den Flüssen finden. Das Verhältnis der Fuldaer zu ihrem namensgebenden Fluss ist dagegen ein vergleichsweise distanziertes. Irgendwie fließt er am Rande der Innenstadt vorbei, ohne dass man mit ihm in Berührung kommt. Streift man die Fulda zwischen Bronnzell und Horas entlang, lassen sich nur wenige Stellen ausmachen, an denen ein Zugang zum Fluss möglich ist. Der restliche Weg wird durch Bäume, dichtbewachsene Sträucher und meterhoch wuchernde Wiesen versperrt. Kontakt zum Lebenselixier Fluss ist hier deutlich unerwünscht.

Die Fulda und ihr Uferland sind ein artenreicher, lebendiger Raum, der oft erst wahrgenommen wird, wenn es mal ein Hochwasser gibt, das die Auen überschwemmt. Selbst am Aueweiher südlich des Stadions kann man zwar gemütlich um die Teiche herumlaufen und auf der Wiese grillen, die Fulda selber fließt allerdings nahezu unbemerkt nebenan vorbei. Auch unweit davon, rund um Umweltzentrum und Feuerwehrmuseum, werden allerlei Freizeitmöglichkeiten geboten und betont auf Naturnähe gesetzt, der Fluss aber wird weit abgedrängt. Die Möglichkeit, sich gemütlich auf eine Bank am Ufer zu setzen, ist in Fulda nicht gegeben. Es wirkt beinahe so, als solle der Fluss Fulda in der Stadt Fulda keine Rolle spielen.

Über viele Jahre hinweg war es nicht unbedingt ratsam, Bäder in der Fulda zu nehmen. Die Belastung durch landwirtschaftliche Rückstände und Überdüngung der Ackerflächen ließ Jauchen und anderweitige Düngemittel ins Grundwasser und in die Bäche absacken, die der Fulda zufließen. Gesundheitliche Bedenken beim Baden kamen auf. Erst seit den späten 1970er Jahren erholt ich der Fluss langsam. Inzwischen bewegt sich die Fulda am Großteil ihrer Strecke zwischen der Wasserkuppe und Hannoversch-Münden im Bereich der Güteklasse II, was bedeutet, dass sie nur noch als „mäßig belastet“ anzusehen ist. In ihrem Oberlauf von der Rhön her erhält sie sogar die Güteklasse I-II („gering belastet“). Erst ab Kassel schwankt sie in der Güteklasse II-III und gilt hier als „kritisch belastet“. Damit liegt sie in der Fuldaer Stadtregion auf jeden Fall in einem Bereich, der Baden ohne gesundheitliches Risiko durch die Wasserqualität erlauben würde.

Da viele europäische Flüsse eine ähnliche Verbesserung der Wasserqualität aufweisen können und sich vermehrt wieder als Badeorte eignen, wurde der „Big Jump“ ausgerufen. Seit 2005 gibt es diesen Tag, an dem Tausende in den Flüssen baden gehen – natürlich auf eigene Gefahr. Europaweit werden diese Flussbadetage mit medien-wirksamen Aktionen durch das „European River Network“ (ERN) mit Sitz in Frankreich koordiniert. Der Hintergrund ist die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie bis zum Jahr 2015. Bis dahin mussten Fließgewässer und Seen in ökologisch gutem Zustand sein. Dadurch ist der „Big Jump“ nicht nur ein feucht-fröhlicher Spaßevent, sondern gleichzeitig eine politische Demonstration für saubere Gewässer. „Die Versöhnung der Bürger mit seinen Flüssen und Seen ist eine unabdingbare Etappe, um die Menschen in einen partizipativen Prozess (…) zum großräumigen Schutz der Fließgewässer, Feuchtgebiete und Grundwässer einzubinden“ schreibt die ERN zu diesem Thema in der Wasserrahmenrichtlinie. Zuletzt alle fünf, nun alle drei Jahre finden diese statt, der nächste große „Big Jump“ ist 2018. In den Jahren dazwischen gibt es regionale und themenbezogene Flussbadetage. Im vergangenen Jahr fanden durch die Vernetzung laut ERN über 400 Flussbadeaktionen in 28 Ländern statt. Also, ab ins Nass!