Und, wen hasst Du so?

Und, wen hasst Du so?

Medienfaktor 7 – bieten! Reale Bedrohung 2 – sticht! Feindbilder zu haben ist so einfach. Wie damals in den großen Pausen mit dem Autoquartett. Viel Feind – Viel Ehr. Und es hilft, die Fragen und Probleme von sich zu schieben. Die böse – ich gut. Ich und mein Verhalten hat nichts mit den Veränderungen zu tun, die ich wahrnehme. Die anderen sind dran schuld, und die wollen mir einfach was wegnehmen.

Die Welt wäre in schwarz-weiß so viel leichter zu verstehen. Und verkauft sich ja auch viel besser. Islam. Verherrlicht Gewalt. Alles Terroristen. Griechen, alles faule Säcke die nur unser Geld wollen, um weiter den Lenz zu schieben. Juden, über die darf man ja nie was sagen, sonst ist man sofort antisemitisch. Sitzen aber hinter jedem großen Kreditinstitut und scheffeln unser Geld. Und dann noch die Wirtschaftsflüchtlinge. Kriegen selber zu Hause nichts auf die Reihe und wollen von unserem hart erarbeiteten Wohlstand schmarotzen.

So einfach geht es aber leider nicht. Die Welt ist komplexer. Sie wird immer komplexer und unsere vier Beispiele von Feindbildern und Sündenböcken sind aus unserer Sicht auch Indikatoren vor unserer Haustür, dass sich die Welt verändert.

Die Finanzindustrie, trotz der Finanzkrise, bläht sich mehr und mehr auf, auch gespeist von unseren Steuergeldern. Die Globalisierung führt zur Vermengung von nationalen, internationalen, wirtschaftlichen, politischen und geopolitischen Interessen. Es wird immer unübersichtlicher, was auch dazu führt, dass Menschen Zuflucht bei denen suchen, die vorgeben, eine Lösung zu haben. Diese wiederum findet man oft im links- oder rechtsextremistischen Lager oder in sonstigem Fanatismus wieder. Die europäische Währungsunion war von Beginn an ein Experiment, dass nicht nur von Experten kritisch betrachtet wurde. Und auch die Veränderung des Klimas und die Spätfolgen des Kolonialismus dürfen nicht außer Acht gelassen werden, wenn man über Flüchtlinge spricht.

Die Zukunft ist ungewiss. Mit der Ungewissheit kommen Gefühle von Ohnmacht und Unsicherheit, zwei historisch bekannte Türöffner für Radikalisierung und Schuldzuweisungen. Und ebenfalls geschichtlich belegt, bedient man sich dabei gerne an Minderheiten und anders Denkenden. Auch in unserer Region.

Umso wichtiger, dass Fulda sich in einem breiten Bündnis quer stellt. Was damals galt, gilt heute auch; überall in der Welt und auch in Osthessen: „Nie wieder Faschismus!“, bleibt für uns so aktuell wie eh und je und wir widmen diesem Thema einen Schwerpunkt in der aktuellen Ausgabe.

Was sind aber die Lösungen zu den Krisen und der Radikalisierung? Wer hat die Lösungen? Wo ist der Superheld, der uns rettet? Dafür haben wir natürlich keine Antworten. Wir glauben jedoch, dass es immer Alternativen gibt und werden diese als Anregung immer wieder in unseren Ausgaben aufzeigen. Wir sind auch der Meinung, dass es die Superheldin nicht geben wird, auch nicht eine Gruppe von professionellen Politikern, die uns retten. Die neuen Sichtweisen und Einstellungen kommen aus unserer Sicht aus der Bevölkerung, von uns selbst, dir und mir.

Und was auf jeden Fall helfen wird, ist, sich mit dem eigenen Feindbilder-Blatt auf der Hand auseinanderzusetzen. Und jeder hat eins. Wir schließen uns da nicht aus. Wir hätten auf die Frage: „Und wen hasst du so?“ auch so einige Karten in Petto. Machtbesessene Politiker. Fanatiker gegen Windkraft. IWF-Sparbeamte. Journalisten, die wissentlich Halbwahrheiten verbreiten. Die Liste ist lang. Aber wir merken, dass alleine das Bewusstmachen des Kartenblattes einiges bewegt. Wie viel mehr würde sich verändern, wenn wir die Menschen auf den Karten persönlich treffen und nach ihren Visionen und Bedürfnissen fragen. Das heißt nicht, dass man zur gleichen Sichtweise kommt, aber es hilft, den Menschen hinter dem Bild zu entdecken und die eigene Rolle und die gemeinsame Verantwortung im großen Spiel zu erkennen – für das, was passiert, aber auch für das Finden von Lösungen.

Mutbürger sticht Wutbürger. Kreativität sticht Starrheit. Neugier sticht Hass: Let’s play!