Glyphosat – Nein Danke!

Glyphosat – Nein Danke!

Anmerkung aus der Redaktion:

Während der Schlussredaktion mit der schon fertigen Ausgabe erreichte uns über Herrn Dr. Hautumm eine weitere E-Mail von Herrn Brand, die wir aufgrund der Drucklegung unserer Ausgabe 13 nicht mehr in die Printausgabe aufnehmen konnten. Auf den Wunsch von Herrn Brand nach Veröffentlichung auch dieser E-Mail stellen wir sie nun online mit ein. Sie finden die Antwort am Ende dieses Artikels.

 

Ein Beitrag von Dr. Wolfgang Hautumm

Nach Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidts skandalösem Alleingang in Brüssel, der zu einer weiteren Anwendung von Glyphosat für 5 Jahre in Europa geführt hat, stellt sich die Frage, ob der Einsatz des Ackergifts Glyphosat noch irgendwie anders zu unterbinden ist? Es bleibt eine gewisse Hoffnung, zumindest ein deutschlandweites Glyphosat-Verbot zu erkämpfen. Und die Vision des weltweiten Verbots bleibt bestehen. Auch wenn viele Politiker noch immer daran zweifeln, dass Glyphosat schädlich ist, aus unabhängig wissenschaftlicher Sicht muss es als erwiesen gelten, dass Produktion und Einsatz von Glyphosat ein Verbrechen an der Menschheit darstellt. Wer daran zweifelt, schaue sich doch bitte die Ergebnisse des „Internationalen Monsanto Tribunals“ an. Ein Dokumentarfilm darüber ist kostenlos unter anderem auf youtube (s.u.) zu sehen und belegt die krebsauslösende, umweltschädigende und artenzerstörende Wirkung des Herbizids.

Ich war schockiert über Minister Schmidts Verhalten und habe ihm und dem hiesigen Bundestagsabgeordneten Michael Brand folgendes geschrieben:

„Herr Schmidt / Herr Brand, … das hätte nicht passieren dürfen! Auch Ihre Kinder werden das Gift aufnehmen und es Ihnen später vorwerfen, dass Ihre Partei das nicht verhindert hat. …. „

Herr Minister Schmidt hat nicht geantwortet. Von Herrn Brand habe ich eine Stellungnahme bekommen. Da ich denke, dass das Thema von allgemeinem Interesse ist, erlaube ich mir den Brief und meine Antwort hier zu veröffentlichen.

„Sehr geehrter, lieber Herr Dr. Hautumm,

herzlichen Dank für Ihre Email zum Thema Glyphosat. Ich respektiere Ihre Meinung, ich selbst kann diese Position mit der Absolutheit nicht vertreten. Dass das deutsche Abstimmungsverhalten in Europa unprofessionell war, da stimme ich Ihnen zu. Der Umgang innerhalb Bundesregierung war nicht akzeptabel.

In der Sache: Es ist offensichtlich, dass das Thema Glyphosat in der öffentlichen Debatte zu einem Symbolthema geworden ist, bei dem selten Differenzierungen zugelassen werden, es meist nur schwarz oder weiß gibt.

Ich beschäftige mich seit längerem mit dem Thema und stelle fest, je intensiver man sich mit dem Thema beschäftigt, desto stärker kommen die absoluten Gewissheiten ins Wanken – das gilt sowohl für die einfache Einschätzung „ungefährlich“ als auch für die einfache Einschätzung „Weltuntergang“. Auch deshalb ist meine Position – als jmd. der auch bei Themen wie z.B. Grüner Gentechnik für Zurückhaltung plädiert und hier derzeit mehr Risiken als Chancen sieht und nicht zu denen mit der „rosa Brille“ gehört – nicht abgeschlossen, sondern weiter auf dem Prüfstand, vor allem auch nach zahlreichen Diskussionen zum Thema Glyphosat mit Wissenschaftlern, die meine Skepsis in vielen Themenfeldern wie beim Thema Grüne Gentechnik teilen.

Ich möchte heute den Versuch unternehmen, mit Ihnen zum Thema Glyphosat ins Gespräch zu kommen. Nehmen Sie mir bitte ab, dass ich das ernst meine und an Ihren Argumenten interessiert bin.

Ich haben Ihnen einen Vermerk und Diskussionspapier angefügt mit der Bitte, diesen kritisch durchzuschauen und zu versuchen ihn zu widerlegen. Vielleicht helfen Sie mir damit. Ich denke, eine Argumentation anhand von Fakten hilft der Sache und ich würde mich freuen, wenn Sie in diesen Dialog einsteigen.

Mit sehr herzlichen Grüßen und Wünschen für ein gesegnetes Weihnachtsfest, Ihr Michael Brand

+++

Michael Brand MdB

Wahlkreisabgeordneter für Fulda, Rhön und Vogelsberg

Vorsitzender Arbeitsgruppe für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion

 

Im folgenden meine Antwort an Herrn Brand vom Januar 2018:

„Sehr geehrter Herr Brand,

ich bedanke ich mich für Ihre umfassende Antwort. Ich kann ihre Meinung nicht teilen. Sie argumentieren leider ähnlich wie Herr Trump, der den Klimawandel solange leugnet, bis der letzte Wissenschaftler die Tatsachen anerkennt. Das ist wenig sinnvoll.

1) Was die von Ihnen mir zum Studium anempfohlenen Studien angeht, so fallen aus der Bewertung alle die heraus, die im Auftrag von Pharma- und Chemiekonzernen angefertigt wurden. Sie liefern keine unabhängigen Ergebnisse: Nach dem Motto: „Wess Brot ich ess, … „ Von den von Ihnen aufgeführten Studien sind das einige. Oftmals ist es auch gar nicht so einfach, herauszufinden, wer hinter einer angeblich objektiven Studie steckt. Die dann verbleibenden Studien sind in Ihrer Einschätzung von Glyphosat als gesundheitlich bedenklich nahezu einheitlich. Abgesehen davon:

2) Die Beweislast muss grundsätzlich umgekehrt werden. Nicht der Bürger sollte nachweisen müssen, dass Glyphosath und andere bedenkliche Wirkstoffe schädlich sind, sondern die produzierenden Firmen müssten den Nachweis führen, dass ihre Produkte unschädlich sind.

3) Eine Entscheidung von so großer Tragweite wie die des Herrn Schmidt nur mit einer Rüge zu tadeln, ist absolut unzureichend; es hat sogar zusätzlich noch ein „Geschmäckle“, wenn man jetzt erfährt, dass Herr Schmidt nicht erneut als Minister antreten wird. Das hat er und vielleicht auch andere zum Zeitpunkt seiner Entscheidung bereits gewusst, und so hat man sehr bequem die Sache durchdrücken können.

4) Selbst wenn Glyphosath für den Menschen unschädlich wäre, wovon nach derzeitigem Stand der Forschung nicht auszugehen ist, so ist es doch erwiesen, dass durch den Einsatz dieses Giftes die Artenvielfalt massiv reduziert wird. Insektensterben und Artensterben sind Tatsachen, die auch Sie, Herr Brand, nicht leugnen wollen, oder?

5) Ich darf Sie auch auf eine Quelle aufmerksam machen: auf einen Film, der 2017 auf ARTE lief und u.a. auf die Zusammenhänge der Anwendungen von Glyphosat und Missbildungen bei Kindern und Tieren hinweist. Der Film dokumentiert ein Internationales Tribunal zu Monsanto, das in Den Haag stattgefunden hat. Es ist mir sehr wichtig, dass Sie diesen Film kennen. Bitte schauen Sie ihn an und lassen mich wissen, was Sie davon halten… Der Film (s.u.) zeigt ausführlich und bedrückend überzeugend, dass Glyphosat ein Verbrechen an der Menschheit ist. Wenn Sie nach dem Anschauen dieses Dokumentarfilms immer noch von der Harmlosigkeit von Glyphosat überzeugt sind, dann fehlen mir die weiteren Worte und wir können einen weiteren Gedankenaustausch einstellen.

6) Sie schrieben mir: „Aufgrund der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse hat es keine Notwendigkeit gegeben, Glyphosat die Zulassungsverlängerung weiter zu verweigern. Eine Einschätzung, die nahezu von allen zuständigen Behörden in Deutschland, Europa und weltweit geteilt wird.“ Das ist schlichtweg falsch. Vor dem Hintergrund der Erkenntnisse, die der Film aufzeigt, und die Monsanto bekannt sind, ist das als eine Verhöhnung der Opfer anzusehen. Ein Vergleich mit der Gefährlichkeit von rotem Fleisch, Rohöl, Ottokraftstoff usw. ist populistisch und deshalb abzulehnen. Es dient einzig dazu, einem unkritischen Geist Sand in die Augen zu streuen, nach dem Motto: „Ach, wenn Glyphosat so harmlos ist wie mein Schnitzel, dann ist ja alles okay.“

Herr Brand, ich bitte Sie nochmals, ändern Sie Ihre Meinung, es ist keine Schande, umzudenken, wenn man einen Fehler erkannt hat. Sie werden viele neue Freunde finden… Und gerade weil Sie und Ihre Partei sich auf christliche Werte berufen, sollte Ihnen der Schutz des Lebens und der Schöpfung besonders am Herzen liegen.

Ihr

Dr. Wolfgang Hautumm

Anm.: Der ARTE-Film über das Internationale Tribunal Monsanto ist u.a. zu sehen bei: goo.gl/hEBhiZ

Ein kleines Postscriptum aus dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD: 

Biodiversitätsschutz

Wir werden mit einer systematischen Minderungsstrategie den Einsatz von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln deutlich einschränken mit dem Ziel, die Anwendung so schnell wie möglich grundsätzlich zu beenden. Dazu werden wir gemeinsam mit der Landwirtschaft Alternativen im Rahmen einer Ackerbaustrategie entwickeln und u. a. umwelt- und naturverträgliche Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln regeln. Die dazu notwendigen rechtlichen Maßnahmen werden wir in einem EU-konformen Rahmen verankern.

(Koalitionsvertrag Zeile 6732-6738 )

 

Nachfolgend nun die Antwort von Herrn Brand vom 14.02.2018:

Sehr geehrter Herr Hautumm,
 
sehr gerne können Sie meine Antwort veröffentlichen – Wert lege ich allerdings auf den kompletten Abdruck meiner Email, damit sich die Leserinnen und Leser von AGORA ein eigenes Bild machen können, denn Ihre Antwort unterstellt mir Positionen, die nicht meine sind. Wer meine Zeilen ohne Voreingenommenheit liest, wird das feststellen – auch mein echtes Angebot zum Dialog, um auch beim Thema Glyphosat zum besten Ergebnis zu kommen.
 
Dass Sie meine Bitte, in einen echten Dialog einzusteigen, nicht angenommen haben, bedaure ich. Das ist Ihre Entscheidung. Die mir von Ihnen unterstellten Positionen von Glyphosat bis Gen-Mais weise ich allerdings zurück. Sie sollten sich eigentlich vor solchen Behauptungen schlau gemacht haben, dass ich beidem nicht zugestimmt habe. Zum einen liegt die Entscheidung hier nicht beim Parlament; zum zweiten war ich hier nachweislich immer ein im besten Sinne Konservativer, der sich gegen den Einsatz positioniert hat. Das hatte ich übrigens auch in meiner letzten Email erwähnt. Wenn Sie sich schon nicht die Mühe machen, meine Haltung zur Kenntnis zu nehmen, sollten Sie zumindest nicht wiederholt das Gegenteil behaupten.
 
Auch ist es übel, wahrheitswidrig und pauschal von Abgeordneten zu behaupten, diese würden von Lobby-Verbänden bezahlt werden. Damit bedienen Sie sehr gezielt Populismus gegen „die da oben“. Ein Mindestmaß an Kinderstube sollte man auch in der politischen Debatte an den Tag legen. Ihr Vergleich mit Donald Trump kommentiert sich wahrlich selbst, mich in die Nähe von Klimawandel-Leugnern zu stellen ist unanständig. Lieber Herr Hautumm, persönliche Diffamierung und Unterstellungen ersetzen den Dialog mit Argumenten wahrlich nicht.
 
Abschließend empfehle ich Ihnen die Lektüre des neuen Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und SPD. Dort heißt es zum Thema Glyphosat wörtlich:
 
„Wir werden mit einer systematischen Minderungsstrategie den Einsatz von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln deutlich einschränken mit dem Ziel, die Anwendung so schnell wie möglich grundsätzlich zu beenden. Dazu werden wir gemeinsam mit der Landwirtschaft Alternativen im Rahmen einer Ackerbaustrategie entwickeln und u. a. umwelt- und naturverträgliche Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln regeln. Die dazu notwendigen rechtlichen Maßnahmen werden wir in einem EU-konformen Rahmen verankern.“
 
Diese Festlegung habe ich als Abgeordneter konkret unterstützt. Ich frage mich ernsthaft, wie man dies als Glyphosat-Unterstützung werten kann!?
 
Sehr geehrter Herr Hautumm, im Ernst – in aller Ruhe, vielleicht bei einer Tasse Tee sollten Sie sich mal wirklich fragen, ob Ihre Reaktion auf meine differenzierte und auch einladende Email wirklich angemessen war. 
 
Eines ist mir bei der Diskussion um das hochemotionale Thema Glyphosat wieder einmal klar geworden: Die mit den absoluten Gewissheiten – das gilt für die Verharmloser mit der Einschätzung „ungefährlich“ ebenso wie für die Weltuntergangspropheten – sind und bleiben mir fremd. Vereinfacher gibt es in diesen Zeiten schon zu viele!
 
Es grüßt dennoch mit sehr freundlichen Grüßen
Ihr Michael Brand
P.S. Bin gespannt, ob Sie souverän genug sind, auch diese Antwort abzudrucken.
+++
Michael Brand MdB
Wahlkreisabgeordneter für Fulda, Rhön und Vogelsberg