Plan B

Plan B

 

 

Bürgerbeteiligung – Ein Selbstversuch im Bürgerbüro

In der aktuellen Ausgabe der AGORA beschäftigen wir uns wie bereits in vergangenen Ausgaben mit dem Thema Städteplanung und sparen auch nicht mit Kritik an der in Fulda praktizierten Form der Bürgerbeteiligung.

Nun schreitet die Stadt im Fall des Löhertors zu eben dieser Bürgerbeteiligung – wenn auch nur im gesetzlich vorgeschriebenen Mindestmaß – indem sie für 6 Wochen die Pläne für die Bebauung des Löhertorareals zur Einsicht für die Bürgerinnen und Bürger offen legt.

Zum einen sind die Pläne samt Fachgutachten und Begründung für den Bebauungsplan online auf der Internetseite fulda.de einsehbar. Zum anderen wurde per amtlicher Bekanntmachung z.B. im Marktkorb mehr oder weniger ansprechend darauf aufmerksam gemacht, dass die Pläne ab sofort bis zum 21. August zur Ansicht im Bürgerbüro ausliegen.

Also ließen wir uns heute mal beteiligen und statteten dem Bürgerbüro einen Besuch ab.

Bei genauem Hinsehen entdeckten wir tatsächlich in einem Glaskasten hinten rechts seitlich vom Eingang, leicht verdeckt von einem Transparent und durch eine Art verlassenen Schreibtisch noch etwas besser abgeschirmt etwas, das nach Grundstücksplan aussah. Tatsächlich – ein kleiner Lageplan des Löhertor-Geländes, Beschriftung eher schwer zu entziffern, und einige Erläuterungen zum Bauvorhaben. Am Ende der Hinweis, dass zusätzliche Unterlagen am Info-Tresen eingesehen werden können.

Also baten wir dort um Einsicht in die Pläne für das Löhertor und wurden prompt an den Aushang im Glaskasten verwiesen: „Das dürfen Sie sich dahinten ansehen.“ „Ja, aber hier müsste es noch einen Ordner dazu geben.“ Ratlosigkeit und Kopfschütteln hinterm Tresen. Da wir aber von einer vorherigen Besucherin wussten, dass es diesen Ordner gibt, hakten wir nach, und siehe da, der Ordner wurde in einem Regal gefunden und uns ausgehändigt.

Detail des B-Plans

Der B-Plan

Der Ordner enthält neben der Begründung zum Bebauungsplan und zwei Fachgutachten zum Verkehrsaufkommen (sehr lang) und zum Emissionsschutz auch zwei großformatige Lagepläne zur geplanten Bebauung. Wir entnahmen die Pläne dem Ordner und breiteten sie auf dem freien Tisch vor dem Schaukasten aus, was sogleich zur leichten Nervosität hinter dem Tresen führte: „Sie müssen aber schon schauen, dass dann alles wieder dahin kommt, wo es hingehört…“.

Die beiden Lagepläne sind groß, ansprechend bunt, Schriftgrößen gut lesbar – wirklich verständlich sind sie so ohne weiteres aber nicht. Zum Glück waren wir zu viert und hatten durchaus Ehrgeiz, uns in die Materie reim zu fuchsen. Wenn man schon beteiligt wird, will man sich ja erkenntlich zeigen und sich etwas Mühe geben.

Die Legende, also die Zeichenerklärung, ist leider sehr sparsam geraten. Aber nach und nach gelang es uns, die Pläne zu lesen. Schön wäre, man hätte einen Ansprechpartner vor Ort, um gleich ein paar Verständnisfragen stellen zu können. Vielleicht auch im Rahmen einer offenen Sprechstunde mit jemand vom Stadtplanungsamt.

Schwierig ist es, sich anhand der Pläne die tatsächlichen Größenverhältnisse und die Wirkung der Gebäude im Umfeld vorzustellen. Wie weit ragt hier etwas über, wie schmal werden Durchgänge, wieviel Licht gelangt noch in die Innenbereiche und vor allem – wie hoch wird das Ganze? Angaben zur Geschosshöhe konnten wir zwar mit etwas Denksport ausmachen, wie verbindlich diese sind (manchmal bekommt so ein Tower ja plötzlich 3 Geschosse mehr) und wie das Ganze dann im Verhältnis zur Umgebung tatsächlich wirkt, wurde uns aber nicht so klar. Hier wäre eine zusätzliche 3D-Ansicht, die sich ja ohne Probleme mit den entsprechenden Programmen erstellen lässt, wirklich hilfreich.

In der Schweiz werden bei jedem größeren Bauvorhaben in der Planungsphase die Originalgrößenverhältnisse an Ort und Stelle für die Öffentlichkeit sichtbar gemacht, z.B. durch Lattenbauten oder bei großen Höhen durch Heliumballons, die die Gebäudehöhe markieren. Klingt gut. Und würde vielleicht auch der Vorstellungskraft der Experten hier und da noch etwas voran helfen.

Wir diskutierten angeregt vor uns hin, kamen auf verschiedene Fragen zum weiteren Verfahren, die wir in unserem kleinen Kreis der mehr oder weniger Ahnungslosen nicht so ohne weiteres klären konnten, machten uns Notizen und fühlten uns an unserem „Schreibtisch“ eigentlich ganz wohl, nachdem wir noch zwei zusätzliche Stühle herbei getragen hatten.

Unsere Ernsthaftigkeit führte auch zur Entspannung hinterm Tresen. Inzwischen bot man uns gar an, Fotos zu machen, und wenn die Pläne nicht wieder ganz an der korrekten Stelle im Ordner landeten, sei das vielleicht doch nicht so schlimm. Schön, wenn der Ordner uns etwas nütze, dafür sei er ja schließlich da.

Genau – dafür ist er da. Bis jetzt scheint sich allerdings niemand besonders für die Pläne interessiert zu haben. Jedenfalls habe außer uns noch niemand nachgefragt. Wundert uns nicht so. Wir könnten uns attraktivere, interessantere und einladendere Formen einer solchen „Offenlegung“ anstelle eines nicht ganz barrierefreien Aushangs vorstellen. Eigentlich könnte der Bebauungsplan samt Begründung für so ein großes und für die Stadtentwicklung bedeutsames Bauvorhaben auch gleich vom Oberbürgermeister in einer öffentlichen Vor-Ort-Begehung vorgestellt und erläutert werden, oder?

Der B-Plan

Fazit

Und ja, so ganz erhellend und vielsagend ist so ein Bebauungsplan samt Begründung für Laien erstmal nicht. Von der eigentlich interessanten architektonischen Gestaltung der Gebäude ist ja in diesem Stadium auch noch nichts zu erkennen. Trotzdem – Leute geht hin und informiert euch! Denn der Bebauungsplan ist DAS entscheidende Einfluss- und Gestaltungsinstrument, das eine Stadt bei großen Bauvorhaben hat, auch wenn das Grundstück einem Investor gehört. Und über diesen Bebauungsplan müssen unsere Repräsentanten in der Stadtverordnetenversammlung erst noch entscheiden. Im Bürgerbüro weiß man jetzt auch, wo der Ordner steht, und ist über das Interesse nicht nur erstaunt, sondern vielleicht auch ein wenig erfreut.

Wir für unseren Teil haben viele offene Fragen mitgenommen und sind motiviert, mehr heraus zu finden, z.B. was in so einem Plan eigentlich alles festgeschrieben werden kann und was man entsprechend noch als Idee oder Forderung von Bürgerseite einbringen könnte. Als ehemalige Besitzer des Löhertors (treue Leser*innen werden sich erinnern), haben wir da noch so einige (ernstgemeinte) Vorschläge.

Aufgefallen ist uns zum Beispiel, dass die Verkehrsführung rund um das Gelände, für Fußgänger und Radfahrer aus unserer Sicht nicht ideal bis gefährlich ist. In der Begründung zum Bebauungsplan liest sich das anders, hier wird von nahezu optimalen Voraussetzungen für alle Verkehrsteilnehmer ausgegangen. Zum Glück gibt es ja die Möglichkeit, bis zum 21. August Stellungnahmen zum Bebauungsplan abzugeben, davon werden wir Gebrauch machen, wir haben da nämlich einen Vorschlag.

Unsere Vorschläge und Eingaben werden wir auch veröffentlichen und sind gespannt, ob und an welcher Stelle diese weiter diskutiert werden. Sollte jemand sich mit Planungsverfahren, B-Plänen oder Einflussmöglichkeiten auskennen, sind wir für jede Information und Erklärung dankbar. Denn das Löhertor ist die Fingerübung für unsere Forderung nach mehr Bürgerbeteiligung – bis zur Bebauung des Waidesgrundes haben dann hoffentlich ALLE schon etwas dazu gelernt.

 

Weiterführender Link

Hier geht es direkt zur Onlineversion des Planes: Bauplanung der Stadt Fulda