Don Quichote - der Kampfradler

Don Quichote – der Kampfradler

Zugegeben, ich bin Kampfradler. Nein, nicht in der Art, dass ich prinzipiell über rote Ampeln fahre, im höchsten Gang durch die Fußgängerzone rausche oder schlangenförmig durch die Fahrzeuglücken bresche. Ich bin Kampfradler, weil ich täglich gegen Autos und ihre Fahrer, gegen Möchtegern- und Nichtradwege und gegen die Sturheit, Blindheit und Ignoranz im Straßenverkehr kämpfe. Ob Sommer, ob Winter, das Fahrrad ist mein alltägliches Verkehrsmittel. Das Rad unter mir, ich oben drauf, wir zwei bestehen bislang die alltäglichen Gefahren: fragwürdige Verkehrsführungen ebenso wie fragwürdige Fahrzeuglenker. In den letzten ein, zwei Jahren hat sich einiges deutlich im Stadtgebiet verbessert. Ich freue mich grundsätzlich über jeden neuen Radweg und fühle mich damit ein Stück weiter mit meiner Fortbewegungsart angenommen. Oberflächlich gesehen zumindest. Und immer im Glauben der möglichen Verbesserung für mich und die Allgemeinheit, teile ich gerne meine Ideen in froher Erwartung mit.

 

Der Fahrradklimatest 2012
Als der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club ADFC im Jahre 2012 bundesweit einen Fahrradklimatest für ein Städteranking anbot, nahm ich selbstverständlich teil. Der Test beinhaltete Fragen zu Verkehrsführungen, Radwegeausbau und subjektivem Sicherheitsbefinden auf dem Rad. Im Ergebnis landete Fulda auf Platz 222 von gesamt 252 Städten unter 100.000 Einwohnern. Ein beachtenswerter hinterer Tabellenplatz, sportlich gesehen in der Abstiegszone, vielleicht gerade noch so auf einem Relegationsplatz. Gibt es neben mir also noch mehr Personen in der Osthessenmetropole, die sich nicht gerade sicher und ernstgenommen fühlen? Weitere Fragen erübrigen sich. Eine deutliche Besserung ist bislang noch nicht festzustellen. Es grenzt schon an Skurrilität, wäre es nicht zugleich lebensgefährlich wie die Wege teilweise verlaufen. Da geben Straßenmarkierungen einen, nein, zwei Radwege vor, die parallel zueinander auf der Straße und dem Bürgersteig verlaufen (Brauhausstraße, Hirtsrain), während der an dieser Stelle kreuzende Radweg zwischen den Randsteinen nach Umbau gar nicht erst markiert wurde (Von-Schildeck-Straße westwärts). Da verlaufen plötzlich Radwege vom Bürgersteig auf die Fahrbahn, die vorher gar nicht existent sind, da sich anstelle des Radweges ein Parkstreifen befindet (Kurfürstenstraße, Höhe Schloßgarten). Und da müssen Radfahrer stark befahrene Kreuzungsbereiche quasi überfliegen, wollen sie nicht überfahren werden, weil der Radweg neben einer der meistbefahrenen und mehrspurigen Hauptverkehrsader schlagartig unmarkiert auf die Fahrbahn übergeht und erst nach der Kreuzung für alle sichtbar wird (Leipziger Straße, Ecke Amand-Ney-Straße stadtauswärts). Es ist immer ein Abenteuer.

Achtung, Radfahrer!

“Achtung Radfahrer/-in! Erst gucken, dann abbiegen!”

Hat das Internet die Lösung?
Fulda hat sich im Frühsommer vergangenen Jahres der hessenweiten Meldeplattform Radverkehr angeschlossen. Hier können sich Radfahrer über Internet an die zuständige Kommune wenden, wenn sie feststellen, dass ein Weg gefährlich, straßenbelagstechnisch mangelhaft, nicht gekennzeichnet oder sonstwie nicht in Ordnung ist. Das ganze mit der Möglichkeit von Beweisfotos und Markierung im digitalen Straßenplan. Einfacher kann man die zuständigen Stellen in der Kommunalverwaltung eigentlich nicht auf Mängel hinweisen. Als dies in der lokalen Tagespresse gefeiert wurde, schlug meine Stunde. Freudig erregt und – wie bereits erwähnt – immer an die Möglichkeit der Verbesserung glaubend, begab ich mich an Ort und Stelle, fotografierte und beschrieb die Problemlage einfach verständlich und schickte das ganze per Klick an die Stadt Fulda ab. Tags darauf kamen schon die Antworten zu den ersten drei von mir geschilderten Fällen. Prompte Bedienung, dachte ich. Beispiele? Im Falle des für Radfahrer lebensgefährlichen „Grünen Pfeils“ am Übergang der Langebrückenstraße auf die Maberzeller Straße, an der es für rechts abbiegende Fahrzeuge keine extra Spur gibt und die dafür in der Praxis den vom Gehweg auf die Fahrbahn laufenden Radweg benutzen, verwies mich das Stadtplanungsamt auf die Zuständigkeit des Bundes. Im Falle der oben bereits geschilderten Verkehrslage an der Leipziger Straße wiederum gab es zur Antwort, dass es „einer Überplanung und baulichen Anpassung des Knotenpunktes“ bedarf, aber „wann dies erfolgen kann ist derzeit leider noch nicht absehbar, zumal auch die erforderlichen Haushaltsmittel nicht zur Verfügung stehen“. Sicherheit in der Warteschleife. Auch wies ich auf den permanent zugeparkten Radweg im weiteren Verlauf der Leipziger Straße hin. Hier halten unentwegt Autos, und das an einer Stelle, die aufgrund ihrer Brückenfunktion zwischen Zentrum und Hochschule eine der von Radfahrern meist frequentiertesten Wege überhaupt ist. Ein Ausweichen auf die Fahrbahn ist hier unumgänglich. Die Antwort auch hier beschwichtigend, beinahe nichtssagend. Mit der Weiterleitung der Information an die Straßenverkehrsbehörde scheint die Angelegenheit erledigt zu sein. Hier ist sie vermutlich versumpft. Die Thematik wird in den Planungs- und Ordnungsbehörden augenscheinlich sehr stiefmütterlich behandelt. Ist die Meldeplattform bloße Makulatur? Ich erliege langsam der Ernüchterung und wähne mich als übersehener Stadtradler weiterhin im steten Kampf gegen die Windmühlen. So kämpfe ich nach wie vor gegen Scheuklappen tragende Autofahrer, bewegungsresistente Planungsbehörden und ungenügend gekennzeichnete Radwege. Vielleicht sollte ich über rote Ampeln kampfradeln, denn wenn sich Autofahrer aufregen, sehen sie mich wenigstens. Eine zweifelhafte, aber erfolgreiche Auslegung zur Verbesserung der eigenen Sicherheit. Ich kampfradel also weiter… www.meldeplattform-radverkehr.de www.adfc.de/fahrradklima-test  

Fuldaer Bündnis  „Verkehrswende Fulda“

Dienstag, 13. Mai Beginn: 19 Uhr Gründungstreffen im Haus Oranien „Ziel des Bündnisses soll es sein, Fulda noch lebenswerter zu machen. Durch die Förderung ökologischer Verkehrsalternativen wollen wir dazu beitragen, dass wir weniger Lärm, Abgase und CO2 produzieren, dass der öffentliche Nahverkehr und das Rad eine echte Alternative für die meisten Fuldaer werden kann und Fuldas Plätze und Straßen einladender werden.“